Politik in Norwegen
Das norwegische Regierungssystem
Der Storting (Norwegische Nationalversammlung) ist seit 1884 die höchste politische Instanz in Norwegen. Alle vier Jahre wird der Storting neu gewählt und bildet die Legislative im norwegischen Politiksystem.
Der Staatsaufbau von Norwegen
Die seit der Wahl 2021 zehn vertretenen Parteien im Storting sind:
- Arbeiderpartiet (Arbeiterpartei / Sozialdemokratische Partei)
- Høyre (Rechte / Konservative)
- Senterpartiet (Zentrumspartei / Interessenvertretung der Bauern)
- Fremskrittspartiet (Fortschrittspartei / Rechtspopulistische Partei)
- Sosialistisk Venstreparti (Sozialistische Linkspartei)
- Rødt (Linke / kommunistisch)
- Venstre (Linke / Liberale)
- Miljøpartiet De Grønne (Umweltpartei Die Grünen)
- Kristelig Folkeparti (Christliche Volkspartei)
- Pasientfokus (Fokus auf die Patienten)
Insgesamt sitzen 169 Männer und Frauen im Parlament (Storting). Obwohl es juristisch gesehen aus zwei Teilen besteht (Odelsting und Lagting) wird der Storting als Einkammersystem betrachtet.
Die exekutive Gewalt ist die Regierung. Sie bringt Gesetzesvorlagen und Haushaltsentwürfe in den Storting ein. Die Regierung wird aus der Mitte des Stortings gebildet und vom Ministerpräsidenten geleitet. Die meist beachteten Regierungspositionen begleiten der Ministerpräsident, der Außenminister und der Finanzminister.
Die aktuelle Regierung in Norwegen
Momentan haben die Arbeiterpartei (Arbeiderpartiet) und die Konservativen (Høyre) die meisten Sitze im norwegischen Parlament. In den letzten Jahren regieren vor allem Stortingsregjering (Parlamentsregierungen), da Große Koalitionen in Norwegen keine Tradition besitzen.
- Ministerpräsident (Statsminister): Jonas Gahr Støre
- Finanzminister: Trygve Slagsvold Vedum
- Außenministerin: Anniken Huitfeldt
Norwegen und die Europäische Union (EU)
Das Königreich Norwegen und seine ungefähr 5 Millionen Einwohner zeichnen sich durch große Weltoffenheit aus. Skeptisch werden sie dennoch immer dann, wenn es um den Eintritt in die Europäische Union (EU) geht, da sie deren Normen und Beschränkungen mehr fürchten, als die Vorteile wertzuschätzen.
Schon 1972 führte eine Volksabstimmung dazu, dass sich Norwegen mit knapper Mehrheit gegen den Anschluss an die Europäische Gemeinschaft (EG) entschied. Zu diesem Zeitpunkt waren die Beitrittsverträge mit der Vorläuferorganisation der EU bereits unterschriftsreif. Ein Jahr später trat neben Großbritannien und Irland mit Dänemark das erste skandinavische Land der EG bei.
In den 1960er Jahren hatte Norwegen schon zweimal um Aufnahme gebeten. Allerdings wurden die Beitrittsgesuche seitens der damaligen EG-Mitgliedsländer abgelehnt.
Dennoch kann Norwegen nicht der Vorwurf einer völligen Abschottung gemacht werden. Das Land trat beispielsweise bereits 1945 als Gründungsmitglied den Vereinten Nationen bei, 1949 der NATO sowie 1960 der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA). Auch in der OSZE, dem Europarat, dem Nordischen Rat, der OECD, der WHO und weiteren wichtigen internationalen Organisationen ist das Königreich Norwegen Mitglied.
Eine zweite Volksabstimmung
Ende 1994 kam es erneut zu einem Volksentscheid. Die Mehrheit der norwegischen Bevölkerung lehnte den Beitritt zur Europäischen Union ein weiteres Mal ab. Die Analyse des Wahlausgangs zeigte, dass die Bevölkerung in den Städten, besonders in Oslo, dem Beitritt positiver gegenüberstand als die norwegische Landbevölkerung. 1995 traten die Nachbarländer Schweden und Finnland der EU bei.
Trotz des nicht erfolgten Beitritts arbeitet Norwegen dauerhaft und vertrauensvoll mit der EU zusammen. Durch die Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bezahlt das nordische Land nicht unerhebliche Beträge an die EU und ist ihren Mitgliedern nahezu gleichgestellt.
Der Großteil des norwegischen Im- und Exports erfolgt ebenso mit Ländern der EU, da Norwegen durch das EWR-Abkommen am EU-Binnenmarkt teilnimmt. Lediglich Fischerei und Landwirtschaft sind nach wie vor ausgeschlossen. Allerdings unterzeichneten Norwegen und die EU 2007 ein Abkommen, das die bessere Kontrolle sowie Überwachung des Fischfangs zum Inhalt hatte.
In der Sicherheits- und Außenpolitik gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen der EU und Norwegen.
Keine Passkontrollen im Schengenraum
1985 einigten sich fünf europäische Staaten auf das sogenannte Schengener Abkommen, das die Abschaffung von Personen- und Warenkontrollen an den Binnengrenzen zum Ziel hatte. In den Folgejahren sind weitere Länder beigetreten. Sogar Norwegen hat sich, obgleich es nicht zur EU gehört, 1996 angeschlossen. Im selben Jahr traten auch Dänemark, Finnland und Island dem Schengener Abkommen bei.
Ab 2001 entfielen dann für Norwegen endgültig die Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums. Menschen, die außerhalb dieser Region leben und mit einem sogenannten Schengenvisum einreisen, können sich daher ebenso bis zu drei Monate in Norwegen aufhalten.
Möchten die Norweger immer noch in die EU?
Seit Ende der 1990er Jahre ist die Stimmung in Norwegen gegenüber einem Beitritt zur EU wieder positiver geworden, aber es gibt auch immer wieder Phasen, in denen dieses Vorhaben negativ wahrgenommen wird. Bislang gab es aber keinen weiteren Versuch, ein Beitrittsgesuch zu stellen.
In den vergangenen Jahren wurde zudem genau beobachtet, wie Island vorgegangen ist. Nach den schmerzhaften Auswirkungen der Finanzkrise hatte Island 2010 um Aufnahme in die EU gebeten. Allerdings wurde das Gesuch Anfang 2014 zurückgezogen, noch bevor die isländische Bevölkerung dazu befragt werden konnte.
Die gute wirtschaftliche Lage, die das Königreich Norwegen besonders den Energievorräten zu verdanken hat, verstärkte den Wunsch nach Unabhängigkeit. Allerdings sind auch die reichlichen Öl- und Gasreserven endlich. Daher ist nicht auszuschließen, dass eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Norwegen dazu führen könnte, dass es wieder einmal zu Beitrittsverhandlungen mit der EU kommt.