Geschichte von Schweden
Schweden: Kurze Geschichte des größten Landes Skandinaviens
Schweden ist das größte Land Skandinaviens, das trotz seiner fast inselartigen Lage jedoch aufs engste mit den übrigen europäischen Ländern verbunden ist. Wer die absolute Stille und Einsamkeit sucht, ist in Schweden am Ziel, denn mit über 450.000 Quadratkilometern und nicht einmal neuneinhalb Millionen Einwohnern findet man genügend Gebiete, in denen man tagelang keinem Menschen begegnet.
Seinen Namen »Sverige«, so die schwedische Bezeichnung für Schweden (das g wird in Sverige wie ein j gesprochen) hat das Land von dem Volksstamm der Svear erhalten, die etwa seit dem Jahr 300 in Mitteleuropa nachweisbar sind. Von ihrer Kultur zeugen Kultstätten und Grabhügel bei Uppsala, wo um das 5. und 6. Jahrhundert das Zentrum der Macht lag.
Bis zum 10. Jahrhundert gelang es den Svearn, die im Gebiet des Vänersees lebenden nordgermanischen Gauten sowie die Inseln Gotland und Öland unter ihre Herrschaft zu bringen. Aus diesem um 1100 vollendeten Svea Rike wurde Sverige, das heutige Schweden.
Die Steinzeit und die Bronzezeit
Aufgrund der Eiszeit und den damit verbundenen Einwirkungen auf die Landschaften konnte sich die Natur auf den großen Geröllfeldern nur mühsam wieder regenerieren. Erste Vegetationen entwickelten sich und boten neuen Lebensraum für Tiere und Menschen.
Das Rentier war die wichtigste Lebensgrundlage und daher folgten ihnen Rentierjäger. Die ersten Menschen wanderten über das heutige Deutschland und Polen ein, indem sie eine damals vorhandene Landverbindung nutzten. Diese zogen wie Nomaden dem Wild hinterher.
Erste dauerhafte Überwinterungen datiert man heute auf ca. 9000 v. Chr. und bereits um 8000 v. Chr. lebten ca. 150 bis 300 Menschen im heutigen Schweden.
Ackerbau und Viehzucht um 4000 v. Chr. ermöglichte eine Vorratswirtschaft. Bereits um 3000 v. Chr. lebten nun schon ca. 25.000 Menschen hier. Dieses Volk, bestehend aus großen Sippen, nennt man heute das Megalithvolk, aufgrund ihrer Bauweise mit großen Steinblöcken, welche die Eiszeit reichlich zurückließ. Bekannte Beispiele sind die Megalithanlagen von Hagestad oder das Grab von Kivik mit Felszeichnungen.
Die ersten Wanderungen von Völkern, ab etwa 2500 v. Chr., erwirkten eine Vermischung der Megalithvölker mit den Indogermanen.
Die Bronzezeit Skandinaviens liegt im Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. Die Bevölkerung wuchs und Metall bestimmte nun das Leben der Menschen.
Von der Eisenzeit bis zu den Wikingern
Um 500 v. Chr. verzeichnete man einen erheblichen Bevölkerungsrückgang aufgrund einer Klimakatastrophe und der Handelseinschränkungen der Kelten. Eine kulturelle Rückentwicklung war die Ursache. Die Sippen rückten wieder dichter zusammen, die sogenannte »Germanische Stammesbildung«.
In den Jahrhunderten nach der Zeitenwende besserten sich die Lebensumstände. Mit der Entstehung von Schrift, den Runen und daraus gebildeter Literatur beginnt die germanische Eigenüberlieferung.
Zur Zeit der großen Völkerwanderungen verließen viele Stämme Schweden und erste germanische Kleinkönigtümer gewannen an Macht.
Das Land wurde von zwei großen Volksgruppen beherrscht. Im Götaland durch die Götar mit den Provinzen Västergötland, Östergötland, Bohuslän und Halland. Im Svealand durch die Svear im Mälargebiet und Uppland.
Den archäologischen Funden nach zu urteilen, fand zwischen der Zeitenwende Christi Geburt und dem Beginn des 5. Jahrhunderts ein lebhafter Handel mit dem Römischen Reich statt. Unter anderem wurden Pelze und Pferde aus Öland exportiert.
In der Vendelzeit um 600 - 800 wurde der heutige Name Schwedens geprägt. Von Vendel, Välsgärde und Alt-Uppsala aus herrschten hier die Vendelhäuptlinge über Svear. Ein einheitliches Reich gründeten sie im Mälartal. Das Reich der Svear - Svearike – Sverige – Schweden. Das Reich der Schweden war nun gegründet.
Mythologie, Christianisierung und das Mittelalter in Schweden
Ein großer Teil des heutigen Wissens über die Sitten und Weltansichten der Schweden wurde zum Teil durch christliche Europäer festgehalten. Die Mythologie der Schweden war geprägt von Gottheiten wie Odin, Freyr und Thor und den Gegenmächten, wie dem Fenriswolf.
Auch die Midgardschlange und der Gott Loki zählten zu den Gegenmächten. Der Glaube an den ewigen Kreislauf von Untergang und Neuentstehung der Welt war fester Bestandteil des Lebens.
Erste Kontakte Schwedens mit dem Christentum sind auf die Missionstätigkeiten des heiligen Ansgar, des Erzbischofs von Hamburg-Bremen, zurückzuführen. Seine zwei Missionsreisen nach Schweden unternahm er um 830 und 853, die allerdings keinen Erfolg haben sollten.
Die Christianisierung wurde durch den Druck des Deutschen Reiches zuerst in Dänemark um 970, dann in Norwegen 999 und Island um 1000 und zuletzt in Schweden übernommen. Das Christentum verbreitete sich im Land.
Sverker I. König von 1130 bis 1156 machte nun Uppsala im christlichen Schweden wieder zum religiösen Zentrum. Klöster und Bistümer wurden unter ihm gegründet.
Zur Zeit des Mittelalters zählt nun auch der Norden und Jämtland zum schwedischen Reich, doch Skåne, Blekinge, Halland und Bohuslän waren dänisch besetzt. Auch Finnland gehörte seit dem 14. Jahrhundert zum Reich.
Schweden unter norwegisch-dänischer Herrschaft
Ende des 14. Jahrhunderts geriet Schweden unter die Herrschaft der norwegisch-dänischen Königin Margarete I. Die 1397 in der Kalmarer Union besiegelte Aufgabe der schwedischen Eigenstaatlichkeit und das brutale Vorgehen der dänischen Machthaber wollten die Schweden nicht hinnehmen.
Als der dänische König Christian II. 1520 im »Stockholmer Blutbad« am Stortorget in Gamla stan hundert schwedische Adlige, Anhänger der nationalen Widerstands, hinrichten ließ, kam es zum offenen Aufstand, in dem Gustav Eriksson Wasa Schweden von der dänischen Herrschaft befreite.
Schweden ab dem Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert
1523 erfolgte die Reichsgründung. Unter der Führung Gustav Vasa erfuhr das Reich einen starken sozialen und politischen Wandel. Hier liegen die Grundlagen für das moderne Schweden.
Seine Söhne mit außenpolitischen Interessen führten verschiedene Kriege. So z. B. gegen Dänemark, Polen und Russland. Mit der Eroberung Estlands wurden die Handelswege nach Russland erhalten.
Das militärische und politische Ansehen Schwedens stieg erheblich durch die Erfolge Gustavs II. und dem Reichskanzler Axel von Oxenstierna. Oxenstierna übernahm nach 1632 die staatlichen Geschäfte und gilt heute in Schweden als einer der größten Staatsmänner.
Gotland fiel zurück an Schweden. Karl X. Gustav führte im Jahr 1658 sein Heer von Polen siegreich gegen Dänemark. Im »Frieden von Roskilde« konnte er nun Dänemark zwingen, Skåne, Blekinge, Halland und Bohuslän wieder an Schweden abzutreten. Dänemark verlor die alleinige Herrschaft über den Öresund, die Meerenge zwischen Dänemark und Schweden.
Die hohen Kosten der Kriege gefährdeten das Fortbestehen des freien Bauernstandes und der zentralen Herrschermacht, da 1648 bereits ca. 75 Prozent des Landes dem Adel verkauft wurden. Eine spätere Reorganisation der Besitztümer des Adels verhalf Schweden zu einer Sicherung der Machtverhältnisse.
Die schwedische Herrschaft unter Karl XII. und Gustav III.
Nach 20 Jahren Frieden unter Karl XI. kamen die schweren Jahre unter der Herrschaft seines Sohnes Karl XII. Ein Mehrfrontenkrieg gegen Dänemark, Sachsen, Polen und Russland ging von Karl XII. aus.
Doch die Niederlage gegen Russland beendete den Feldzug. England und Preußen schlossen sich dem Bündnis gegen Schweden an, Karl XII. war 1718 gefallen und ein Friedensvertrag wurde unterschrieben.
Nach dem Tod Karls änderte sich das politische System durch eine revolutionäre Neuordnung. Der Reichstag wurde gestärkt und war nun das machtvollste Organ des Staates Schweden. Nun konnte der Reichstag selbst dem König Weisungen geben. Es war die sogenannte Freiheitszeit von 1718 bis 1771. In der Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft erlebte Schweden einen neuen Aufschwung, von dem auch viele Berühmtheiten wie der Naturforscher Carl von Linné, der Begründer der biologischen Klassifikationsprinzipien und Emmanuel Swedenborg, der Religionsphilosoph profitierten.
1718 bestieg Gustav III. den schwedischen Thron und führte den Absolutismus ein. Die »Gustavianische Alleinherrschaft« begann 1789 und somit entwickelte sich ab diesem Zeitpunkt die Geschichte Schwedens grundverschieden von der anderen Staaten Europas. König Gustav förderte unter anderem die Literatur, Maler, Bildhauer und Sänger. Zudem gründete er die »Schwedische Akademie für Sprache und Literatur«. 1792 wurde Gustav III. von einem Fanatiker in der Stockholmer Oper erschossen.
Schweden bis 1900
Aufgrund der langen Friedenszeiten wuchs die Bevölkerung rapide an. 1850 lebten bereits 3,5 Millionen Menschen in Schweden. Ca. 90 % der Bevölkerung lebten auf dem Land. Schweden war ein reines Agrarland. Erste Industriewerke entstanden. Die Forstindustrie und das Hütten- und Grubenwesen verbreiteten sich im Land. Viele neue Städte entstanden.
1827 folgte das Gesetz über den Bodentausch und wurde zum wichtigen Meilenstein der Landesentwicklung. Die Landwirtschaft wurde modernisiert, Felder wurden zu Einheiten zusammengefasst und die Dörfer aufgeteilt.
In den 1880 Jahren war die eingesetzte Auswanderungswelle an ihrem Höhepunkt angelangt. Sie dauerte fast 60 Jahre an und verursachte einen Schwund der schwedischen Bevölkerung um fast 900.000 Menschen, von denen der größte Teil nach Amerika auswanderte.
Die schwedische Wirtschaft festigte sich trotz dessen, die Holzverarbeitung und der Abbau von Bodenschätzen erlangten eine hohe wirtschaftliche Bedeutung. Die gesamte Infrastruktur erfuhr seit den 1830er Jahren einen Aufschwung.
Der Reichstag gewann mehr und mehr an Macht. In der Zeit von 1840 bis 1870 wurden wichtige Gesetze erlassen, die mehr Gerechtigkeit und Freiheit brachten:
- 1846 – Das Gesetz über die Gewerbefreiheit und ein neues Erbrecht für Männer und Frauen
- 1855 – Ein liberales Gesetzbuch
- 1857 – Gesetz über Freihandel
- 1860 – Gesetz über die Religionsfreiheit
- 1862 – Kommunale Selbstverwaltung
Der Reichstag wurde 1866 reformiert und setzte sich nun aus zwei Kammern zusammen.
Schweden im 20. Jahrhundert
Der Erste Weltkrieg war ein wichtiger Faktor für die Wandlung Schwedens vom »Armenhaus Europas« um 1900 zu einem der wohlhabendsten Staaten der Welt. Die Nachfrage nach schwedischen Produkten nahm erheblich zu. Sie ist größtenteils dem schwedischen Pionierreichtum und dem schwedischen Erfindungsreichtum zu verdanken. Verspätet, aber heftig, setzte die industrielle Revolution ein.
Schweden bekleidete im Ersten Weltkrieg und Zweiten Weltkrieg eine neutrale Position und entsprach somit bestens seiner geopolitischen Lage. Schweden verletzte aber seine Neutralität, als es der deutschen Wehrmacht gestattete, durch schwedisches Territorium zu fahren. Schwedens neutrale Rolle wurde auf eine harte Probe gestellt, doch man hielt trotz dessen Distanz zu den Nationalsozialisten.
Als stärkste Fraktion ging die Sozialdemokratische Arbeiterpartei aus der Wahl von 1932 hervor. Als 1933 auch noch der Bauernbund durch geschickte politische Händeleien unterstützend hinzukam, konnte die Sozialdemokratische Arbeiterpartei ihre politischen Vorstellungen und Interessen fast ungestört umsetzen.
Die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg brachten viele Reformen in allen Lebensbereichen. Genannt seien hier das Steuersystem, das Schulwesen, die Renten, der Arbeitnehmerschutz und die Versicherungen. Das Programm des Volksheimes (folkhem) wurde durch Ministerpräsident Per Albin Hansson mit radikalen Reformen entwickelt, welches nun in den 1950er Jahren umgesetzt werden sollte. Das ideologisch soziale Programm der Partei sollte mit dem politischen System zusammengeführt werden, der »Wohlstandsstaat« entstand.
Mit der Parlamentsreform von 1970 bis 1974 wurden der Ein-Kammer-Reichstag, das Verhältniswahlrecht und die Beschränkung der königlichen Macht auf repräsentative Aufgaben hervorgebracht. Olof Palme, Schwedens Ministerpräsident von 1969 bis 1976 und 1982 bis 1986, engagierte sich stärker in außenpolitischen Bereichen.
Schweden vertritt zwar treu seine Maxime – bündnisfrei im Frieden und Neutralität im Krieg – doch stand genau diese im Zentrum einer politischen Debatte um EG- und NATO-Zugehörigkeit. Olof Palmes Engagement für eine gerechte Welt brachte ihm viel Ansehen. Er wurde 1986 ermordet, der erste politische Mord Schwedens nach fast 200 Jahren, dem Mord an Gustav III. 1792.
Schweden heute – ein Land mit hohem Lebensstandard
Demokratie und Gleichheit werden in Schweden großgeschrieben. Das Land ist sowohl Erbmonarchie als auch parlamentarische Demokratie. Der König als Staatsoberhaupt hat zwar keine politische Macht (die neue Verfassung von 1974 entmachtete den König in politischer Hinsicht völlig), gilt aber weltweit als Repräsentant Schwedens – und die Schweden lieben ihre Königsfamilie.
Seit 1995 ist Schweden Mitglied in der EU, bei einer Volksabstimmung 2003 entschied sich aber eine klare Mehrheit der Schweden gegen die Einführung des Euros. Schweden gehört zu den wohlhabendsten Ländern der Welt. Und auch trotz wirtschaftlicher Krisen hat sich daran nichts geändert – der Großteil der schwedischen Bevölkerung ist relativ wohlhabend.