Geschichte von Norwegen

Norwegen Geschichte
Die Wikinger siedelten einst auf dem heutigen Gebiet von Norwegen ( jonanderswiken / Shutterstock.com )
Stammesführer Ottar sprach vor 1100 Jahren am Hof von König Alfred in England als Erster von »Nor-weg«, der Heimat der Nordmänner. Danach herrschten für eine lange Zeit die Wikinger. Heute gehört Norwegen zu den reichsten Ländern der Erde.

Kurze Geschichte Norwegens

Die Küstenlinie Norwegens ist 2650 Kilometer lang – bezieht man jedoch die zahlreichen Fjorde mit ein, wächst sie auf gut 25.000 Kilometer an. Einst waren es die Wikinger, die von dieser Küste zur Eroberung Europas aufbrachen, heute sind es Touristen aus aller Welt, die an Norwegens atemberaubenden Klippen oder in der stillen Tiefe der Fjorde außergewöhnliche Naturerlebnisse suchen – und auch noch finden können.

Norwegen ist jedoch nicht nur ein Naturereignis, sondern auch das älteste europäische Kulturland, deutlich gezeichnet von einer langen abendländischen Geschichte. Zahlreiche Steindenkmäler beweisen, dass Norwegen bereits in der Jungsteinzeit etwa um 3000 v. Chr. Besiedelt gewesen sein muss.

Aus der Bronzezeit, als Germanen sich in den Tälern und an der Küste des Landes niederließen, stammen die Felszeichnungen in der Nähe von Trondheim. Die Siedlungen, deren Name auf -vik oder -heim enden, zeugen von frühen Kleinkönigtümern, die erstmals 872 von Harald I. Schönhaar, dem ersten König des größten Teils der norwegischen Küste zu einem Reich geeinigt wurden, das aber schon bald wieder in Teilreiche zerfiel.

Norwegen im frühen Mittelalter (1066–1240)

Bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts war das norwegische Reich gefestigt, obwohl es immer noch eine nur sehr rudimentäre Verwaltung gab. Die Gründung von Städten wurde vorangetrieben und Ende des 11. Jahrhunderts florierten die drei größten Städte Oslo, Trondheim (Nidaros) und Bergen (Bjørgvin).

König Olaf III. (1067–1093) war der erste norwegische König, der lesen und schreiben konnte. In diesen Jahren entwickelte sich die Kirche und 1152 oder 1153 wurde die erste Erzdiözese in Nidaros gegründet.

Durch die Praxis, dass alle Söhne des Königs das Recht hatten den Thron zu erben, auch uneheliche, gab es teilweise mehrere Könige gleichzeitig. Die Könige teilten das Land aber nicht unter sich auf, sondern jeder König regierte im gesamten Norwegen. Immerhin wurde das königliche Einkommen untereinander aufgeteilt. Die unklare Nachfolgepraxis sowie soziale und wirtschaftliche Konflikte mündeten zwischen 1130 und 1240 in einem Bürgerkrieg. Dieser begann mit der umstrittenen Nachfolge König Sigurds (»der Kreuzfahrer«), der 1130 starb.

Nachdem die Kirche an der Krönung von König Magnus Erlingsson 1163 oder 1164 beteiligt war, wurde das erste schriftliche Dokument zur Thronfolgerregelung aufgesetzt. Dieses Gesetz trat allerdings nie in Kraft, da König Magnus vom späteren König Sverre Sigurdsson besiegt und getötet wurde. Daraufhin wurde König Sverre von der Kirche exkommuniziert und das Land wurde unter ein Interdikt gestellt. Sverre verteidigte seine Macht, obwohl er sich ständigen feindlichen Angriffen ausgesetzt sah. Er starb 1202 als erster König seit 1130 eines natürlichen Todes. Zu dieser Zeit standen sich zwei Kriegsparteien gegenüber: die Birkebeiner (altnordisch: birkibainar), die Partei von König Sverre und die Bagler (»Krummstäbler«), die von der Kirche unterstützt wurden.

Von 1208 bis 1217 wurde das Land durch einen Friedensvertrag wieder vereint. 1217 starben die Könige beider Parteien und man einigte sich gemeinsam auf Håkon Håkonsson (Håkon IV.) als neuen König. Håkon besiegt 1240 den letzten Thronbewerber und beendete damit nach über 100 Jahren den Bürgerkrieg.

Norwegen unter dänischer Herrschaft

Vom 9. bis 11. Jahrhundert waren die norwegischen Wikinger in den nördlichen Meeren gefürchtete Eroberer. Ihre Schiffe erreichten England, Island, Grönland und sogar Nordamerika. Doch die Herren der Meere blieben nicht lange Herren im eigenen Land. Im 11. und 12. Jahrhundert gelang es den dänischen Königen mehrmals, Norwegen zu besetzen und den Weg für die Einführung des Christentums zu ebnen. Das Erzbischoftum Trondheim wurde gegründet, und mit dem Bau der Stabskirchen wurde begonnen. Diese hölzernen Gotteshäuser sind bis heute ein Wahrzeichen Norwegens.

Norwegen, Dänemark und Schweden wurden von der dänischen Königin Margarethe I. 1397 vertraglich in der Kalmarer Union vereinigt. Mit dem Austritt Schwedens zerbrach zwar 1523 die Union, doch die dänischen Könige blieben auch weiterhin die Könige Norwegens. Durch die dänische Niederlage in den Napoleonischen Kriegen ging Norwegen 1814 an Schweden über. Die Norwegen indes bestanden auf ihre Selbständigkeit und gaben sich noch im selben Jahr eine liberale Verfassung.

Norwegen nach dem Bürgerkrieg (1240–1380)

Wie stark die Zeit des Bürgerkriegs die Bevölkerung beeinträchtigt hat, wird von Historikern kontrovers diskutiert. Klar ist, dass Norwegen in den Jahren um 1240 geschlossener wa, als vor Beginn des Krieges im Jahre 1130.

Die Herrschaft von König Håkon IV. und seiner Nachfolger bis 1319 wird gelegentlich als das goldene Zeitalter des norwegischen mittelalterlichen Reiches bezeichnet. Håkon IV. baute eine zentralisierte Verwaltung auf mit dem Sitz in Bergen, das auch zur ersten norwegischen Hauptstadt wurde.

Es wurde endgültig eine feste Regelung für die Thronfolge vereinbart. Die altnordische Sprache, im 12. Jahrhundert erstmals mit dem lateinischen Alphabet verfasst, wurde in der Verwaltung, für die norwegische Literatur und für die Übersetzung der ausländischen Literatur benutzt.

Håkon brachte auch Island und Grönland unter norwegische Herrschaft und sorgte damit für die größte territoriale Ausdehnung des Königreichs Norwegen. Håkon starb 1266 bei einer Auseinandersetung mit Schottland, in der es um die Verteidigung der Hebriden und der Isle of Man ging. Sein Nachfolger wurde König Magnus VI., der mit der Expansionspolitik seines Vaters brach und mit dem Frieden von Perth die Hoheit der Hebriden und der Isle of Man an Schottland übertrug. Im Gegenzug erkannte Schottland die norwegische Herrschaft über die Orkneys und die Shetlandinseln an.

Im Jahr 1274 erließ Magnus VI. das erste nationale Gesetz, das für ganz Norwegen verbindlich war. Das war für diese Zeit in Europa eine sehr seltene Angelegenheit. Im späten 13. Jahrhundert versuchten die norwegischen Könige ihre politische Macht international auszubauen. Sie schmiedeten Allianzen durch Hochzeiten mit den Königshäusern in Kastilien (1258) und Schottland (1281).

1299 übernahm Håkon V. den Thron und verlegte die Hauptstadt Norwegens nach Oslo. Er versuchte mit seiner Außenpolitik den Einfluss Norwegens in Skandinavien zu erhöhen. In dieser Zeit entstanden starke Verbindungen zwischen den nordischen Königshäusern. Beim Tod Håkon V. gab es keine männlichen Nachfahren, somit ging der Thron an den Sohn seiner Tocher, dem König von Schweden Magnus Eriksson. Es wurde vereinbart, dass die beiden Söhne Magnus Erikssons jeweils einen Thron bekommen. Als dieser abdankte, wurde sein Sohn Håkon VI. neuer König von Norwegen. Håkon heiratete Margrethe, die Tochter des dänischen Königs. Ihr gemeinsamer Sohn Olav wurde 1376 König von Dänemark. Nach dem Tod seines Vaters 1380 bestieg er als Olav IV. auch den norwegischen Thron. Mit kurzen Ausnahmen wurden Norwegen und Dänemark bis 1814 vom gleichen König regiert.

Die Union mit Dänemark (1537–1814)

Von 1349 bis 1351 wütete die Pest, wodurch Norwegen einen Großteil seiner Bevölkerung verlor. Dadurch war die norwegische Elite so geschwächt, dass sie dem Druck der Dänen nicht mehr standhalten konnte. Immer mehr Entscheidungen wurden in Kopenhagen getroffen.

Der norwegische Reichsrat (Riksråd) wurde aufgelöst. Christian III. erklärte Norwegen 1536 zum Vasallenstaat Dänemarks und die dänischen Feudalherren regierten Norwegen als Lehen.

Die Union mit Dänemark brachte den Norwegern aber auch Vorteile. So konnte sich die Industrie erholen und die Fischerei, die Forstwirtschaft und der Bergbau entwickelten sich zu wichtigen Wirtschaftszweigen. Christian III. gründete die Stadt Christiana und modernisierte die Verwaltung und erlaubte Norwegen ein eigenes Militär.

Christians Sohn, Frederik III. führte 1660 das absolutistische System ein. Damit regierten, anstatt Adliger, nun Beamte, vor allem aus der norwegischen Mittelklasse, das Land. Anfang des 18. Jahrhunderts versuchte Schweden das Land zu besetzen, wurde aber zweimal von den Norwegern besiegt.

Der dänisch-norwegische König Frederik VI. verbündete sich 1807 mit Napoleón. Daraufhin blockierten die Briten alle norwegischen Häfen. 1810 wurde der frühere französische Marschall Jean-Baptiste Bernadotte, unter seinem neuen Namen Karl Johan, neuer Kronprinz Schwedens und trat der Koalition gegen Napoleon bei. Als Napoleon 1813 in Leipzig endgültig besiegt wurde, erreichte Karl Johan mit dem Frieden von Kiel einen Anschluss Norwegens an das schwedische Königreich.

Die Union mit Schweden (1814–1905)

Nach der Niederlage in den Napoleonischen Kriegen mussten die Dänen Norwegen an Schweden abtreten. Im Gegenzug erhielt Dänemark Island, Grönland und die Färöer-Inseln. Diese standen bis dato unter norwegischer Herrschaft.

Am 17. Mai 1814 wurde die erste norwegische Verfassung verabschiedet und damit faktisch die Union mit Dänemark beendet. Der 17. Mai ist heute der Nationalfeiertag in Norwegen.

Die Norweger wollten ihre völlige Unabhängigkeit und wählten den dänischen Prinzen Christian Friedrich VIII. zum König. Dieses Ziel wurde aber nicht vollständig erreicht. Immerhin räumte der schwedische Kronprinz Karl XIV. in der Konvention von Moss Norwegen die Beibehaltung seines Grundgesetzes ein. Damit stellten Norwegen und Schweden lediglich eine Personalunion dar, mit demselben Staatsoberhaupt und gemeinsamer Außenpolitik.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde das Nationalbewusstsein der Norweger immer größer. Grund dafür waren auch immer mehr norwegische Künstler, Musiker und Schriftsteller, die mit ihren Werken Aufmerksamkeit in der Welt erlangten. Dieser kulturelle Aufschwung war sehr entscheidend für den weiteren Verlauf der Nationalbewegung.

Was die Norweger am meisten wurmte, waren das nicht vorhandene Außenministerium und die fehlende Nationalflagge. Letztere wurde Norwegen im Jahre 1898 gewährt. Der Streit um ein Auswärtiges Amt führte 1905 schließlich zur friedlichen Auflösung der norwegisch-schwedischen Personalunion. Im Mai 1905 trat die norwegische Regierung zurück und erklärte die Union am 7. Juni für nichtig. Eine Volksabstimmung am 13. August, die auch vom schwedischen Reichstag gefordert worden war, bestätigte den Wunsch der Norweger für die Auflösung mit 99,5 Prozent der Stimmen.

Der unabhängige Staat Norwegen

In Norwegen erwachte Mitte des 19. Jahrhunderts ein verstärktes Nationalbewusstsein. Die Unabhängigkeit kam 1905, und in einer Volksabstimmung entschieden sich die Norwegen für den Erhalt der Monarchie. Die Wahl fiel auf den dänischen Prinzen, der als Haakon VII. Zum norwegischen König gekrönt wurde. Das selbstständige Norwegen besann sich seiner Seefahrer-Tradition, und mit dem Aufstieg seiner Handelsflotte erlebte es im Ersten Weltkrieg, in dem es politisch neutral blieb, einen erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung.

Norwegen während der Weltkriege (1905–1945)

Nach 400 Jahren dänischer und schwedischer Besatzung war die norwegische Königsfamilie ausgestorben. Zum neuen König wurde daraufhin der dänische Prinz Carl ernannt, der am 18. November 1905 als Haakon VII. den Thron bestieg.

Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, erklärte sich Norwegen für neutral. Dennoch verlor Norwegen rund die Hälfte seiner Handelsflotte.

Nach Beendigung des Krieges bekam auch Norwegen die »Große Depression« zu spüren. Viele Banken gingen bankrott, die Arbeitslosigkeit stieg erheblich an. Auch politisch herrschte Chaos. Von 1918 bis 1935 hatte Norwegen neun verschiedene Regierungen. Erst die Arbeiterpartei um Johan Nygaardsvolds, die 1935 die Regierung übernahm, konnte wieder zur politischen Stabilität beitragen.

Auch im Zweiten Weltkrieg erklärte sich Norwegen für neutral. Dennoch wurde das Land 1940 von den Deutschen besetzt. Am 7. Juni flohen die norwegische Königsfamilie und das Kabinett nach London. Die Besatzung dauerte bis zum 7. Mai 1945. Der 8. Mai gilt als Tag der Befreiung und ist offizieller Flaggentag in Norwegen. König Haakon VII. kehrte einen Monat später aus seinem Exil nach Norwegen zurück.

Das moderne Norwegen (1945 bis heute)

Nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs konnte sich die norwegische Wirtschaft wieder recht schnell erholen. Als dann in den 1960iger Jahren große Ölvorkommen in der Nordsee entdeckt wurden, begann der Aufstieg Norwegens zu einem der wohlhabendsten Länder der Welt.

Die rund 12.000, während des Besatzungszeit von norwegischen Frauen und deutschen Soldaten gezeugten Kinder, hatten nach 1945 einen schweren Stand in Norwegen. Sie wurden als tyskerbarna (»Deutschenkinder«) beschimpft und in Heime gesteckt. In diesen Heimen wurden die Kinder oftmals körperlich misshandelt.

Das wohl bekannteste Beispiel eines tyskerbarna ist die ABBA-Sängerin Anni-Frid Lyngstad, die 1947 in Schweden adoptiert wurde.

Bei den Storting-Wahlen im Jahre 1945 erhielt die Arbeiterpartei eine klare Mehrheit. Einar Gerhardsen war Ministerpräsident und wird auch der "Vater Norwegens" genannt.

Norwegen trat 1949 als Gründungsmitglied der NATO bei. Nach und nach erholte sich die norwegische Wirtschaft vom Krieg und Norwegen entwickelte sich langsam zu einem Wohlfahrtsstaat. Ende der 1960er wurden vor der norwegischen Küste reiche Ölvorkommen entdeckt. Durch die großen Einnahmen aus dem Ölgeschäft wurde Norwegen zu einem der reichsten Länder der Erde.

Norwegen investiert einen großen Teil der Einnahmen in das Sozialsystem, um auf die Zeit nach Ende der Ölförderung vorbereitet zu sein. Laut den Vereinten Nationen belegt Norwegen den zweiten Rang im Vergleich des Lebensstandards unter allen Ländern der Welt. Norwegen ist nicht Teil der Europäischen Union. Zwei Volksentscheide zum EU-Beitritt (1972 und 1994) gewannen jeweils die EU-Gegner.

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Kalmarer Union

Die Kalmarer Union (1396–1537)

Die Kalmarer Union war eine Vereinigung der Königreiche Dänemark, Norwegen und Schweden. Die Union war das Werk der Königin Margarete von Norwegen (1353-1412), eine Tochter von König Valdemar IV. von Dänemark.